MEDIZIN mit MENSCHLICHKEIT

Lungenspezialisten im St. Sixtus-Hospital Haltern am See möchten mit einer neuen Behandlungsform mehr für Betroffene tun

04.09.2023 - St. Sixtus-Hospital Haltern am See
Frühzeitig zurück ins Leben holen

Atmen, Sprechen, Stehen, Waschen und Essen – alltägliche Dinge des Lebens. Basis-Fähigkeiten, mit einem Mal zu schwer, sie eigenständig zu bewältigen. Erst recht, wenn der Körper kämpfen musste und die Lunge nicht selbstständig atmen konnte. Betroffene sind auf Hilfe angewiesen und müssen stabilisiert werden, um wieder in der Lage zu sein, eine Reha anzutreten.

Genau hier setzt das neue Leistungsspektrum im St. Sixtus-Hospital an: die Pneumologische Frührehabilitation. Fachärzte des St. Sixtus-Hospitals in Haltern am See unter der Leitung von Chefarzt Dr. Lars Heining haben dieses Projekt mit Leuchtturm-Charakter ins Leben gerufen. Es ist einzigartig im ganzen Umkreis und kommt bei Patienten zum Einsatz, die besonders schwer eingeschränkt sind. Im Mai 2023 integrierte die Abteilung der Pneumologie – zu Deutsch Lungenheilkunde – die Pneumologische Frührehabilitation, die stationär im Halterner Krankenhaus stattfindet.

Ziel der Pneumologischen Frührehabilitation

Was kompliziert klingen mag, ist im Kern simpel: „Unser Ziel ist es, im Rahmen der Pneumologischen Frührehabilitation schwer erkrankte Patienten direkt aus dem Bett heraus zu stabilisieren, sie zu aktivieren und zu mobilisieren“, erklärt Lars Heining. Dank der Therapie kann es gelingen, die eingeschränkten Menschen zurück ins Leben zu holen. Meist sind die Betroffenen stark pflegebedürftig. Für längere Zeit auf der Intensivstation waren sie auf Beatmungsmaschinen angewiesen. Eine Reha kommt bei ihnen noch nicht infrage. Dafür sind sie noch zu geschwächt.

Persönlicher Therapie-Plan

So ist es das Bestreben der Fachärzte und Therapeuten, Patienten muskulär und geistig wieder aufzubauen. „Wir erstellen im ersten Schritt einen persönlichen Therapie-Plan für den Patienten, je nach Bedarf und Entwicklungsstand“, fügt Oberärztin Dr. Adrianna Grabowska hinzu.

Die Arbeit mit den Patienten ist intensiv. Zwei bis drei Wochen lang, manchmal auch länger, fachübergreifend und komplex. Mit drei bis vier therapeutischen Einheiten pro Tag. Nach schweren Erkrankungen ist das besonders anstrengend für Patienten. Mitunter ändert sich der Bedarf der Hilfe im Verlauf der Behandlung.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

„Früher wurden Betroffene fälschlicherweise häufig ins Pflegeheim geschickt, da sie für die klassischen Reha-Kliniken zu krank gewesen sind – mit desaströsen Ergebnissen“, betont Dr. Lars Heining, Chefarzt der Pneumologie. Um das künftig zu verhindern und auch strapaziöse Arztbesuche zu vermeiden, arbeiten die Ärzte und Therapeuten hier interdisziplinär und abteilungsübergreifend Hand in Hand zusammen. Immer im Sinne des Menschen. Dafür tauschen sich die Ärzte und Therapeuten intensiv aus, gehen auf die Bedürfnisse ihrer Patienten ein und arbeiten hier zeitlich wesentlich flexibler.

Zahlreiche Therapeuten werden mit ins Boot geholt: Logopäden, Physio-, Ergo-, Sprach- und Schlucktherapeuten, Atmungs- und Psychotherapeuten, Psychiater, dazu geschulte Pflegefachkräfte, Facharbeiter für Sozialmedizin, bei Bedarf werden auch andere Fachärzte – meistens Psychiater, Neurologen, Kardiologen sowie weitere medizinische Fachrichtungen – einbezogen.

Persönliche Ziele erreichen

Die Ärzte entscheiden, für wen die pneumologische Frührehabilitation geeignet ist. Oberärztin Dr. Adrianna Grabowska ist seit einem Jahr mit an Bord des Teams und vereint eine langjährige Expertise und verschiedene Fachdisziplinen.

Individuell und früh schaut sie mit ihrem Team, was realisierbar ist. Wie bei jeder Therapieform funktioniere das nur, wenn die Patienten willens sind, mitzuarbeiten. Sie setzen sich persönliche Ziele. Heißt: Wer vorher nicht mobil war, hat vielleicht das Ziel, sich allein in den Rollstuhl zu setzen. Ein anderer hat zuhause möglicherweise eine Treppe und sagt sich: „Die muss ich bewältigen.“ Es gilt, die Betroffenen aus ihrer Einschränkung herauszuholen und sie zu aktivieren. Soweit, bis sie wieder fähig sind, eine Reha anzutreten oder die Rückkehr nach Hause zumutbar ist.

Selbstständigkeit der Patienten fördern

Die Therapieform setzt teils noch während der Beatmungsphase ein. Bewusst frühzeitig, um die Selbstständigkeit der Betroffenen gezielt zu fördern. Im besten Fall können die Patienten nach der Therapie wieder selbstbestimmt leben. Die Idee verfolgen die Ärzte schon seit sechs Jahren. Nun bieten sie die Frühreha offiziell an.

Ein erstes Ergebnis: Innerhalb von drei Monaten konnten die ersten zwölf Patienten erfolgreich behandelt werden. Momentan können bis zu sechs Betroffene gleichzeitig versorgt werden. In Kürze möchte die Klinik bis zu acht Patienten aufnehmen. „Der Bedarf ist deutlich größer“, beobachtet Oberärztin Dr. Adrianna Grabowska.

Raum schaffen

Um ein Leuchtturm-Projekt dieser Größe umsetzen zu können, braucht es vor allem eines: Platz. Dafür wurde im St. Sixtus-Hospital die frühere Geburtenstation komplett umgebaut. Manche Räume befinden sich immer noch im Umbau und werden im Herbst fertiggestellt.

Für die Pneumologische Frühreha braucht es zudem große und schwere Hilfsmittel: Beatmungsgeräte, Rollatoren, Rollstühle und Betten. Spezielle Atemgeräte kommen hier zum Einsatz, die nur wenige Krankenhäuser anbieten. Darüber hinaus braucht es Apparaturen, um Patienten aus dem Bett herauszuholen. Dank modernster Technik ist das Halterner St. Sixtus-Hospital auf dem neusten Stand für die Pneumologische Frührehabilitation.

Welche Patienten bekommen die Pneumologische Frührehabilitation?

  • Patienten, die längere Zeit beatmet und nun entwöhnt wurden
  • Patienten, die eine schwere Lungenentzündung hatten
  • Patienten, die wegen einer schwergradigen chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (kurz COPD) eingeschränkt sind

Auf dem Weg zurück ins Leben

Eines zeigen die ersten Erfolge schon jetzt: Der Schritt zurück ins Leben kann gelingen – dank der Zuwendung der Ärzte und Therapeuten, die sich engagiert für die Betroffenen einsetzen. So werden die Patienten auch nach der Pneumologischen Frühreha nicht allein gelassen. Noch vor Ort sorgen die Fachärzte für eine medizinische und therapeutische Anschluss-Behandlung nach dem Aufenthalt im Krankenhaus. So dürfen sich die Patienten im St. Sixtus-Hospital stets in guten Händen wissen.

Ausgezeichnete Weaning-Klinik

Das St. Sixtus-Hospital in Haltern am See ist eine ausgezeichnete Weaning-Klinik. „Weaning-Zentren sind Kliniken, die sich auf die Behandlung von Patienten mit einer Langzeitbeatmung von mehr als einer Woche mit mehreren erfolglosen Entwöhnungsversuchen spezialisiert haben“, erklärt Dr. Lars Heining, Chefarzt der Pneumologie. Mehr Informationen finden Interessierte unter kern.ruhr.

Das Team aus Ärzten und Physiotherapeuten um Chefarzt Dr. Lars Heining am Halterner St. Sixtus-Hospital hat sich zum Ziel gesetzt, schwer an der Lunge erkrankte Patienten direkt aus dem Bett heraus zu stabilisieren (v. l. n. r.: Leiter der Physiotherapie Markus Smandzich, Oberärztin Dr. Adrianna Grabowska, Chefarzt Dr. Lars Heining, Physiotherapeutinnen Hannah Saalmann und Iris Wortmann). (Foto: Nils Hansch)